Archiv für das Tag 'Vila do Bispo'

Ornithologen- und Vogelkundlerparadies Westalgarve

9. September 2010

Vila do Bispo liegt mitten im ‚Parque natural de Sudoest Alentejano e de Costa Vicentina‘. Das ist mit 70.000 Hektar (1 Hektar = 10 Quadratkilometer) das größte Naturschutzgebiet Portugals und gleichzeitig die einzige Gegend weltweit, in der Störche in den Felsenklippen über dem Meer nisten. Das tun sie normalerweise eher auf hohen Gebäuden wie Fabrikschornsteine, Bäumen, Kirchtürmen oder Strommasten.

An der Algarve gibt es noch jede Menge Störche und manchmal, wenn man ahnungslos durch die Felder wandert, erhebt sich plötzlich vor einem einer dieser riesigen, rotbeinigen, breitschwingigen Vögel und fliegt flach davon. Dann hat man ihn garantiert beim Futtersammeln gestört oder einem kurzen Nickerchen fernab der rachenaufsperrenden Brut.

Das neue ‚Centro de Interpretação‘, von dem ich schon im letzten Artikel berichtete, unterrichtet den interessieren Besucher auch darüber: die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt dieses einzigartigen, westlichsten Küstenabschnitts der Algarve, der touristisch noch nicht so zersiedelt ist wie beispielsweise der Osten, oder noch schlimmer, die spanische Küste. (Das ist auch einer der Gründe, warum in den letzten Jahren immer mehr Spanier ihren Jahresurlaub in Portugal verbringen, ihnen gefällt es an den eigenen Stränden nicht mehr.)

Also, Ornithologen oder solche, die es nach einem Besuch der West-Algarve professionell werden wollen, aufgehorcht! An Vogelarten können Sie hier beobachten: den Hasen, das Wildschwein, den Igel, den Fuchs, den Mungo, den Dachs … das sind, fällt mir gerade auf, keine Vögel, aber diese Säugetierarten leben hier auch.

Also, an Vögeln gibt es entlang der Algarve-Südwestküste: die Meise, den Kiebiz, alle möglichen Adlerarten, den Uhu, den weißen Klapperstorch, die Wachtel, den Raben, den Wanderfalken (auf Portugiesisch heißt er Pilgerfalke), die Schnepfe, den Reiher, die Stockente, den Turm- und den gemeinen Falken, das rote Rebhuhn, die Felsentaube, den Wiedehopf und die Misteldrossel. Und noch zwei Arten, die ich nicht übersetzen kann.

Unten sehen Sie einen Mungo, was die Abkürzung von Manguste (nicht L!) ist – einer ursprünglich aus dem indischen Raum entstammenden Raubtierart.

Mungo

Mungo (Foto: parquebiologico.pt)

Saca-rabos leben in der Macchie (aufmerksame Leser wissen seit meinem vorhergegangenem Artikel, was das ist), haben einen wie breit getreten aussehenden Schwanz und sind sehr menschenscheu. Ab und an brechen sie plötzlich aus dem Dickicht am Wegesrand – und dann müssen Sie für ein Erinnerungsfoto rasch reagieren. Am besten bestechen Sie dieses halbmetergroße (incl. Schwanz) Tier mit einer kleinen Mahlzeit. Halten Sie ihm eine Schüssel Wirbellose hin, Mungos stehen auf sowas – und drücken Sie dann blitzschnell ab.

Das Leben des Volkes in Vila do Bispo

6. September 2010

Vila do Bispo hat jetzt endlich ein Volksmuseum: zwei große Räume, gerade fertiggestellt. Im vorderen gibt es wechselnde Ausstellungen, die das Land- und Fischereileben der Region erläutern, im hinteren einige Stuhlreihen mit Monitor und Informationstafeln über Flora und Fauna und 8 Kästen, in dessen Inneren man Erde und Meer taktisch bzw. olfaktorisch erfahren kann.

Das Meer zum Beispiel wartet mit Muscheln auf. Man faßt durch ein armgroßes Loch und muss aufpassen, dass man sich an den spitzen Muschelrändern nicht schneidet – war ja auch eigentlich blöd, weiches Wasser zu erwarten – aber irgendwie lässt die darüberhängende Fotografie darauf schließen.
Der Strand: Sand und Steine.
Ein Feld: Weizen-Kichererbsen-Haferkern-Mix
Der Wald: Pinienzapfen

Zu riechen gibt’s dann Eukalyptus,- Pinien-, Zistrosen- und Rosmarinduft. Und das ist nicht übertrieben. Diese Düfte umgeben den hurtigen Mata-Wanderer auf Schritt und Tritt. ‚Mata‘ wird oft übersetzt mit ‚Wald‘, das ist aber nicht ganz richtig. Der korrekte deutsche Begriff dafür ist Macchie – der mir allerdings vorher auch nicht bekannt war. Jedenfalls bezeichnet er die immergrünen Niedriggehölzflächen der südeuropäischen Küsten(hinterland)regionen – weite, teils undurchdringliche Dickichtgebiete, bewachsen mit Zystrosenbüschen, Brombeersträuchern und Pinienbäumen. So ist die ‚Mata Nacional‘, deren Ausläufer bei Barão de São João die Zivilisation berühren eben kein Wald, wie wir ihn aus Deutschland kennen, sondern  über weite Teile (dorniges) Dornröschengebüsch.

Doch ich schweife ab: Das neue Volksmuseum in Vila do Bispo zeigt in seinem Ausstellungsraum wie man in der Region früher lebte („früher“ ist allerdings noch gar nicht so lange her, noch in den 90-gern konnte man von der Feldarbeit heimkehrende Familien auf ihren Eseln reiten sehen und Korbflechter vor ihren Haustüren sitzend ihrem Handwerk nachgehen). Aber es gibt zum Beispiel auch eine Fotografie vom Fischverkauf im Hafen von Sagres. Da sind die glänzenden Fischleiber alle fein säuberlich im Sand aufgereiht – und die Hausfrauen stapften da zwischendurch und befühlten und begutachteten und verhandelten und kauften.

Das Museum heißt übrigens nicht ‚museu de povo‘, sonden schlicht ‚Centro de interpretação‘ – und ich bin nur reingegangen, weil ich wissen wollte, was sie dort interpretieren. Also: es wird dort etwas ‚dargestellt‘, bzw. ‚ausgewertet‘: das Leben in Vila do Bispo, wie es früher war und wie es dazu kam, dass es heute so ist wie es ist – allerdings steht das nicht dran.

Und so findet man es: von Lagos kommend die erste Einfahrt nach Vila do Bispo nehmen, und dann auf der linken Seite; Öffnungszeiten sind Mo bis Fr 10.00 – 16.30 Uhr.