Galgenmännchen nahe Ferienhäusern an der Westalgarve
Vera Henkel 16. Oktober 2012
Alraune, das Zauberkraut der mittelalterlichen Hexen, wächst auch an der Westalgarve, expliziet im Kreis Vila do Bispo und dort am Monte dos Amantes, auf der Anhöhe der Liebenden. Das ist ein Hochplateau nahe Ingrina – überhaupt eine mytische Gegend hier – so dicht am Pormotorium Sacrum bei Sagres, wo die Götter wohnen und deshalb kein menschliches Wesen übernachten darf. Aber buchen Sie wenigstens ein Ferienhaus in der Nähe!
Die Pflanze ist nicht sehr auffällig, besteht an der Oberfläche aus knittrigen, fleischigen, dunkelgrünen, stiellosen Blättern und knubbeligen, sanftlila Blüten, aber verbirgt ihr Geheimnis in der Erde, in Form einer kräftigen, langgezogenen, oft gegabelten Wurzel, die frappand an ein menschliches Wesen erinnern kann – mit einem kräftigen Blüten- und Blätterschopf.
Auf Grund dieser Form wohl wird die Alraune schon seit der Antike als Heil- bzw Ritualpflanze verwendet, wobei es nicht einfach war, ihrer habhaft zu werden. Erstens wuchs sie bevorzugt an Galgenplätzen, wo man ohnehin schon nicht so gerne hinging, und dann schrie sie auch noch, wenn man an ihr zog, sodaß der unglückseelige Sammler entweder feiztanzig wurde oder unmittelbar verstarb.
Hildegard von Bingen empfahl die Alraune zur Triebdämpfung. Zwischen Brust und Bauchnabel festgebunden sollte man mit ihr (statt mit dem Partner) die Nacht verbringen, gegen Schwermut reichte es, sie einfach nur unter der Decke zu haben.
Es gibt eine Theorie nach der das Jesus auf seinem Kreuzweg gereichte essiggetränkte Tuch nicht zur zusätzlichen Pein diente, sondern ein in Alraunesud getunktes Schmerzmittel war. Die Römer nämlich wussten um die astringierende Kraft der mandrugada officinarum, die sie in Essig einlegten und zur lokalen Betäubung verwendeten.
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